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MOURNING BECOMES ELECTRA

von Eugene O'Neill

Regie Pınar Karabulut | Bühne Michela Flück |  Kostüm Teresa Vergho

Musik Daniel Murena Video Leon Landsberg | Dramaturgie Daniel Richter
mit Malick Bauer, Manolo Bertling, Paula Kober,
Robert Kuchenbuch, Sabine Waibel

Eine Familienhölle im Dauerloop. Auch Jahrhunderte nach Aischylos’ Orestie und unzähligen literarischen Bearbeitungen muss Elektra immer noch Trauer tragen. Immer noch bleibt Elektra ihrem Schicksal ausgeliefert. Immer noch kann die mykenische Königstochter, die sich seit dem klassischen Altertum einen eigenständigen Platz in der Theatergeschichte erobert hat, den Fluch der Atriden nicht brechen, noch dem Theaterfundus entkommen. Auch O’Neills Elektra wartet auf die Rückkehr ihres Vaters Ezra Mannon aus dem Krieg, um die alte Familienordnung wiederherzustellen und dem Verhältnis ihrer Mutter zu Adam Brant ein Ende zu bereiten. Immer noch wartet sie auf die Rückkehr ihres Bruders Orin, der Rache an der Mutter üben soll. Doch als Ezra zu Hause eintrifft, ist es längst zu spät für ein Rollback der ursprünglichen familiären Konstellationen. Der Kriegsschauplatz wird zur familiären Kampfzone, in der alle zu Getriebenen ihrer Obsessionen und Spielbälle der Anderen werden. Widersprüchliche Ansichten, menschliche Abhängigkeiten und dunkle Geheimnisse prägen die verstörenden Charaktere, die in einem perfiden Machtspiel alle Register der Schauspielkunst ziehen, um zu täuschen, zu verführen und zu manipulieren mit einem einzigen Ziel – zu überleben. Einzig Gewalt scheint einen radikalen, aber ersehnten Ausweg aus der Familienmisere herbeiführen zu können.

Eugene O’ Neill, der scharfsinnige Desillusionist des American Way of Life, schreibt eine Soap im historischen Gewand  der 1860er Jahre und findet die gesellschaftlichen Fragen nach Verantwortung, Pflicht und Selbstbestimmung im vertrauten Kreis der Familie wieder. Dem erzählerischen Repertoire des Realismus folgend, versetzt er die bürgerliche Ordnung  mit archaischen Motiven in Schrecken

und dringt tief in die dunklen Seelenkammern des gesellschaftlichen Unterbewusstseins ein. Familie erscheint  bei O’Neill als undurchdringliches

Dickicht aus Liebe, Lügen und Begehren, wo sich psychologische Erkenntnis über die verborgenen Winkel menschlicher Abgründe in erotischen Fantasien und entfesselter Gewalt offenbart und soziale Kälte die Beziehungen zwischen den Menschen prägt. The American Nightmare is back.

Premiere am 16. Oktober 2020 an der Volksbühne Berlin

Fotos:David Baltzer

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