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Karnickel

Karnickel

von Dirk Laucke | Regie Pınar Karabulut | Bühne Franziska Harm | Kostüme Bettina Werner |

Musik Daniel Murena | Dramaturgie Nina Rühmeier
mit Mohamed Achour, Thomas Brandt, Benjamin Höppner, Yvon Jansen, Magda Lena Schlott, Werner Rehm

Robert Brendel begreift die Welt nicht mehr. Eben noch war er ein progressiver Filmhochschulprofessor mit Aussicht auf eine Leitungsposition am Institut, einer langjährigen Ehe, einem Sohn und einem Haus am Stadtrand. Doch dann besetzt die neue Dekanin den Posten lieber mit einer international vernetzten Professorin. Und ein paar jugendliche Schläger mit Migrationshintergrund verprügeln seine Frau. Die bemüht sich daraufhin um eine Mediation mit den »Übergriffigen«, entdeckt in der Bauchtanzgruppe eines Kulturzentrums ihr freieres Ich (wieder) und kündigt ihre Arbeitsstelle. Derweil läuft zuhause beim dementen Großvater ein Betreuungsdefizit auf. Kein guter Zeitpunkt für die Heimkehr des erwachsenen Sohnes.

In seinem neuen Stück unterzieht Dirk Laucke das linksliberale westdeutsche Bildungsbürgertum einem tragikomischen Lackmustest der Veränderung. Wie haben sich linke Werte über die Generationen gewandelt? Inwieweit bestehen sie den Abgleich mit den realen Verhältnissen? Was machen wir alle eigentlich mit der Freiheit, die wir haben?

Uraufführung am 29. September 2016 am Schauspiel Köln

Foto David Baltzer 

Trailer
Presse
Pressestimmen 

„Gerade die Szenen, in denen Pınar Karabulut zu den ganz einfachen Mitteln greift, erzeugen eine eigene Lebendigkeit: Wenn die Familienmitglieder auf einmal wie Roboter sprechen und gehen, ein kantiges Zerrbild der schrecklich glücklichen Familienidylle. Wenn Benjamin Höppner als Robert am Ende selbst zum Karnickel Blacky mutiert (eine bedeutungsschwangere, aber eingängige Metapher) und mit weit aufgerissenen Augen an einer Gurke knabbert, während die anderen Familienmitglieder sich erzählen, wie Blacky umkam: Vom jungen Robert befreit und daraufhin vom Nachbarhund totgebissen. Überhaupt spielt Höppner die Hauptfigur grandios intensiv und mit allen Farben – vom unerträglichen Egoisten und würdelosen Choleriker bis hin zum kleinlauten, tragischen Verlierer. Wenn er an der Bar traurig-betrunken den Abschied von seinen alten Weltverbesserungsidealen beklagt, Siegfried Kracauer zitierend, ist es ein Fest, ihm zuzusehen. Höppner, aber auch die anderen Schauspieler offenbaren eine auffällige, befreite Spielfreude, die man in den letzten Jahren am Schauspiel Köln oftmals vermissen musste.

Bei aller Parabelhaftigkeit interessieren sich sowohl Dirk Laucke als auch Pınar Karabulut für die Figuren, die eben nicht nur Klischees verkörpern, sondern auch detailliert gestaltete Persönlichkeiten sind – und die auch als solche gespielt werden. Hierin liegt eine große Stärke des Abends. Die Inszenierung packt den Text mit seiner ungekünstelten, treffsicheren Sprache am Schopf und zimmert ihn mitreißend aufs Theater, ohne bei aller Überzeichnung die realpoetischen Impulse zu ignorieren, die dem Text von Dirk Laucke innewohnen. Was das überhaupt sein solle für ein Zuchtkaninchen, die Freiheit, fragt Hermann einmal. Die leise Empfehlung, den Blick über den Rand des sicheren Kaninchenstalls hinaus zu riskieren, leuchtet mitten in den Zuschauerraum hinein.“ Die Deutsche Bühne Online, 30.09.2016, Bettina Weber

„Pınar Karabulut gelingt durch Bildverknüpfungen, Schattenspiele und Musikeinsatz, assoziative Räume zu öffnen – manchmal sind ihre Einfälle aber auch nur lustig, wenn etwa die Figuren mehrmals fast in den neon-orangenen Kotzhaufen der schwangeren Nadja hineintreten. Eine dichte und souveräne Inszenierung, die den Figuren bei aller Lustigkeit ihre Würde lässt und sie nie zu Karikaturen macht. Immer wieder tauchen maskierte Kaninchen oder andere warnende Vergangenheits-Geister am Rande auf und geben dem, was auf den ersten Blick wie Alltagssprech wirkt, eine Tiefenschicht: dass wir zahmen kleinen Haustiere, die hier das Leben absitzen, mal aus dem Hamsterrad stolpern sollten in ein Zwischenreich, jenseits von Polit-Zwang und Wohlstands-Starre.“ Nachtkritik, 29.09.2016, Dorothea Marcus 

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